Kernkompetenzen Teil 1:
Sich selbst steuern

Agile Führung

Kernkompetenzen Teil 1

Sich selbst steuern


Mit Widerstand umgehen und Perspektive wechseln sind zwei wesentliche Elemente dieser Kernkompetenz, die Führungskräfte benötigen, um in komplexen, unklaren Situationen zu guten Lösungen zu kommen.

Weitgehende Einigkeit besteht in Unternehmen darin, dass wir in einer VUCA-Welt [1] leben, dass ständige Veränderungen normal geworden sind und dass Führungskräfte besonders gefordert sind, die Veränderungsprozesse in Unternehmen erfolgreich zu gestalten.

Dass sich die Führung verändert und dass die Führungskräfte neue Kompetenzen benötigen, ist gleichzeitig Folge und Voraussetzung dafür – weil die Führungskräfte Betroffene der Veränderungen sind und gleichzeitig Veränderungen steuern sollen.

Situationen, die Führungskräfte häufig erleben, können so charakterisiert werden:

„Außen passieren gravierende Veränderungen, die auf das Unternehmen zukommen und die ein Dilemma, eine Unsicherheit verursachen und eine Reaktion erfordern.“

Da die Zusammenhänge komplex und nicht sofort durchschaubar und kalkulierbar sind, ist die Wirkung auf die Führungskräfte: „Ich weiß nicht“ und „Wir wissen nicht“.

Das Dilemma der Führungskraft ist nun, dass von ihr erwartet wird, einerseits zu wissen, was zu tun ist und andererseits die Mitarbeiter zu führen und ihnen Sicherheit zu vermitteln. Aber sie befindet sich selbst auf einem „rutschenden Abhang“ und muss in dieser Situation erst einmal mit sich klarkommen. Die Führungskraft muss zuerst für sich selbst eine Position auf diesem „rutschenden Abhang“ [2] finden, bevor sie andere einbezieht.
Sich selbst steuern ist deshalb eine Kernkompetenz der agilen Führung und der kritische Erfolgsfaktor im VUCA-Umfeld.

Natürlich war die Selbststeuerung auch bisher schon eine wichtige Kompetenz, sie muss im oben beschriebenen Umfeld jedoch höher ausgeprägt sein und erfordert eine besondere Aufmerksamkeit.


Im Folgenden skizzieren wir zwei Elemente dieser Kompetenz und wie sie weiterentwickelt werden kann.

Mit Widerstand umgehen:
Jede Veränderung ist mit Widerstand verbunden und Widerstand ist gleichzeitig auch Energie. Den Charakter von Widerstand und seine Bedeutung in diesen unklaren Situationen zu verstehen, hilft auf den „rutschenden Abhängen“, das Gleichgewicht zu behalten. Die Führungskräfte benötigen die Fähigkeit, die Widerstände, die die von außen kommenden Ereignisse auslösen, bei sich wahrzunehmen, zu reflektieren und in Handlungsenergie umzuwandeln. Auch bei anderen müssen sie Widerstände wahrnehmen und in Lösungsenergie umwandeln. Das Entwicklungsziel besteht darin, die internen gedanklichen und emotionalen Prozesse (bei sich und anderen) zu erkennen und bewusst zu steuern. Im Lernprozess beschäftigen sich die Führungskräfte mit Symptomen und Indikatoren von Widerstand, mit ihren bisherigen Verhaltensmustern im Umgang mit Widerstand und sie lernen andere mögliche Verhaltensweisen und deren Nutzen in Übungen kennen. Sie erfahren Widerstände als Signal und Energie, um in diesen unklaren, unerwarteten Situationen innezuhalten und im Austausch mit anderen nach Chancen und Lösungsalternativen Ausschau zu halten und zu einer Lösung zu finden.

Perspektive wechseln:
Das Innehalten schafft den (inneren) Raum, um den Lösungsraum für Lösungsalternativen zu finden. Perspektivwechsel macht die unterschiedlichen Interessen und Ziele der Beteiligten deutlich, zeigt ein gesamtheitliches Bild der neuen Situation, sensibilisiert für die Dynamik der Abhängigkeiten und Wirkungen und ermöglicht kreative Lösungsalternativen zu finden. Das Entwicklungsziel besteht darin, verschiedene Perspektiven einnehmen zu können und dabei die eigene Perspektive als eine von vielen anderen zu betrachten, d.h. die eigene Position verlassen zu können und sich in andere Positionen hineinzuversetzen. Im Lernprozess beschäftigen sich die Führungskräfte anhand konkreter Fallsituationen mit der Analyse der unterschiedlichen Perspektiven und dem kreativen Finden von Lösungsalternativen. Sie erfahren, wie ihnen die gesamtheitliche Betrachtung Druck nimmt und wie sie dann ihre Energie produktiv einsetzen können.

Diese Kompetenz „Sich selbst steuern“ nimmt den Führungskräften den Druck, sofort handeln zu müssen und ermöglicht den produktiven Umgang mit „Nicht-Wissen“. Die Führungskräfte erleben, dass die Beschäftigung mit Widerständen und Perspektivwechsel kein Zeitverlust, sondern gut investierte Zeit ist, die zu den bestmöglichen Ergebnissen in komplexen Veränderungssituationen führt.


Agile Führung – Kernkompetenzen:

  • Persönlichkeitsmerkmale und Selbstreflektion
  • Mit Nicht-Wissen umgehen
  • VUCA: volatil, unsicher, complex, ambivalent

[1] VUCA: volatil, unsicher, complex, ambivalent
[2] Vgl. Helmut Rosa: Beschleunigung, suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2005, S.190 ff.

WOLFGANG GASSNER

Gesellschafter & Partner

Strategie, Veränderungen, Führungskräfteentwicklung


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